"Heinzili" und "Heinzli": De iure und de facto
Die Akte "Heinzli" wird durch den Beitrag von electrix um das Kapitel "Heinzili" erweitert.
De iure kann nach dem Fazit des Spiegel-Artikels zu "Heinzili" und nach meinem Kenntnisstand zu "Heinzli" festgestellt werden, dass hinter beiden Pseudonymen der Textdichter und Verleger Heinz Liechti steht.
De facto gestalten sich die Verhältnisse komplexer. Man kann nachweisen, dass Liechti und Feltz mindestens beim Alias "Heinzli" miteinander geklüngelt haben müssen. Konkret beim Lied "In Barrabana", welches 1954 Bibi Johns aufgenommen hat. Als Subtexter wird bei der Gema "Heinzli" angegeben. Aus dem Lochcover allerdings wird der Name des Textdichters mal mit Heinzli und mal mit Kurt Feltz angegeben.
Die interessante Frage zu Anfang aber lautet: Wieso hegte Ralph Siegel den Verdacht, dass Kurt Feltz das Alias "Heinzili" benutzen könnte?
Kurt Feltz musste Ende 1950 den Job als Abteilungsleiter beim Nordwestdeutschen Rundfunk aufgeben, weil er seine Titel im Programm bevorzugt spielen liess. Er wurde ab 1951 Produzent bei der Electrola. An der Spitze der Gegner von Feltz stand von Anfang an Ralph Maria Siegel. Er setzte seinen Kampf fort, auch als Feltz nicht mehr beim Funk arbeitete. Siegel prüfte neue Namen von Textautoren. Wenn er einen Bezug des Künstlers oder der Produktion zu Kurt Feltz herstellen konnte, vermutete er hinter Autorenamen, die er nicht verifizieren konnte, ein Alias von Kurt Feltz.
Als Beispiel dient die Single "Du kleines Schwalbenpaar"/"Signorina, wenn es Abend wird über Messina", interpretiert im Duett von René Carol und Maria Mucke. Die Textautoren dieser Titel sind E(kkehard) Kristian für das "kleine Schwalbenpaar" und Heinzili für "Abend über Messina". "Kristian" und "Heinzili" werden im erwähnten Spiegel-Artikel erwähnt.
Ekkehard Kristian ist definitiv kein Alias von Kurt Feltz, sondern eines von Charlotte Durowsky. Als Heinzili hat sich der Schweizer Textdichter und Verleger Heinz Liechti gemäss dem Spiegel-Artikel zu erkennen gegeben. Heinzili ist als Autor Mitglied der schweizerischen Urheberrechtsgesellschaft Suisa, genauso wie auch Heinzli. Siegels Äusserungen basierten vermutlich nur zum Teil auf Fakten. Und sie stützten sich wohl auch darauf, dass Kurt Feltz oft für René Carol Texte verfasst hat. Das Pseudonym "Heinzili" tauchte 1951 erstmals auf, und zwar bei vier Titeln. Drei davon interpretierte René Carol….
Alias "Heinzili" zweimal bei Gema registriert
Ob Siegels Aussagen im Fall von "Heinzili" faktenbasiert waren oder nicht, wird kaum restlos geklärt werden können. Das Pseudonym ist für zwei Nummern verwendet worden. Die Titel heissen "Die schönsten Veilchen blüh'n" und "Auf Wiedersehn Lucia", beide gesungen von René Carol. Die letztere Nummer wird im Spiegel-Artikel interessanterweise nicht erwähnt. "Die schönsten Veilchen blüh'n" ist ausserhalb von Deutschland auf den Namen Heinz Liechti registriert.
Auf Platte ist in mindestens zwei Fällen zusätzlich das Pseudo "Heinzili" zu finden, so eben bei "Signorina, wenn es Abend wird über Messina" und bei "Zähl' jeden Stern", interpretiert von Lys Assia. Diese beiden Titel sind bei der Gema aber auf das Pseudonym Heinzli eingetragen.
Alias "Heinzli" elfmal bei Gema registriert
Insgesamt sind bei der Gema elf Titel von Heinzli zu finden. Davon sind sieben ausserhalb der Gema auf den Namen Heinz Liechti registriert. Drei Heinzli-" und die beiden "Heinzili"-Titel sind im Jahre 1951 erschienen. Das Alias "Heinzili" erscheint erstmals beim René Carol-Titel "Auf Wiederseh'n, Lucia"/"Wenn die Veilchen blüh'n. Schon bei der zweiten Carol-Nummer "Signorina, wenn es Abend wir über Messina" sind die Verhältnisse verändert. Bei der Gema wird der Titel unter dem Alias "Heinzli" eingetragen, auf der Platte wird als Autor "Heinzili" aufgeführt. In der Zwischenzeit muss es einen Anlass gegeben haben, das Pseudonym bei der Gema nicht weiter zu verwenden.
Ausserhalb von Deutschland wird "Heinzli" zu Heinz Liechti
Interessanterweise werden dann erst drei Jahre später, im Jahre 1954, wieder Titel auf das Alias "Heinzli" registriert. Grundsätzlich wird nun ausserhalb Deutschland Heinz Liechti als Autor genannt. In zwei Fällen gibt es eine Ausnahme: Wie bereits erwähnt bei "In Barrabana" und bei "Wenn es Nacht wird in Paris", einem Titel von Caterina Valente aus dem Jahre 1954. Beide Nummern werden dem Urheber "Heinzli" zugeschrieben.
Corpus delicti: "In Barrabana" von Bibi Johns

Das Lied "In Barrabana" ist ein Dreh- und Angelpunkt. Es kann als Indiz gewertet werden, dass zwischen Liechti und Feltz eine Art von Abkommen bestanden haben muss. Als Urheber des deutschen Textes ist "Heinzli" registriert. Auf der Platte allerdings wird in einem Fall Heinzli und in einem anderen Kurt Feltz aufgeführt.
Liechti ein Strohmann für Feltz?
Man muss also davon ausgehen, dass Liechti mindestens bis 1954 als Strohmann für Kurt Feltz agiert haben könnte. Die beiden könnten sich kennengelernt haben über den Titel "Die Veilchen blüh'n", welcher vom Schweizer Cédric Dumont komponiert worden war. Als Textautor wird bei der schweizischen Urhebergesellschaft Heinz Liechti genannt. Gut möglich, dass bei diesem Titel bereits eine Kooperation zwischen Feltz und Liechti begann. Darauf lässt die Registrierung der Pseudos in der Schweiz schliessen und die Verkleinerungsform Heinzli des Vornamens von Liechti.
1954 wurde die Absprache so konkretisiert, dass die Titel, die bei der Gema unter dem Alias "Heinzli" registriert wurden, ausserhalb von Deutschland generell mit Heinz Liechti angemeldet wurden. Ab den 60er Jahren schrieb Liechti wohl tatsächlich selber unter dem Alias Heinzli. Gut lässt sich das am Titel "Manila" (1961) des Schweizer Duos "Juniors" demonstrieren. Er stammt aus einem Schweizer Film. Die Musik schrieb Peter Moesser, der damals in der Schweiz wohnte. Den Text verfasste Heinzli. Man kann in diesem Fall davon ausgehen, dass hier eine einheimische Seilschaft am Werk war.
Der Vollständigkeit halber seien die drei grössten Erfolge erwähnt, die dem Textdichter Heinzli zugeschrieben werden: "Tabak und Rum", "Jim Jonny und Jonas" und "Der verrückte Wecker".