Silvano Cocchi
Einziger Hitinterpret für Osca
von Wälz Studer

Silvano Cocchi, der Italiener aus Bologna, war der einzige Interpret des Labels „Osca“, der je die Hitparade erreichte. 1962 klassierte sich das Lied „Die blaue Gondola“ drei Monate in den Charts. Cocchi lebte von 1957 bis 1966 in München. In dieser Zeit hat er rund zehn Singles für Tempo und Osca eingespielt.
Fremdländisch klingende Interpreten waren im Unterhaltungsgeschäft des Nachkriegsdeutschlands gesucht. Am erfolgreichsten waren englischsprachige Künstlerinnen und Künstler. Bei den Sängerinnen machten die Italienerinnen den Amerikanerinnen und Engländerinnen (Connie Francis/Petula Clark) diesen Rang streitig. Mina („Heißer Sand“), Rita Pavone („Arrivederci Hans“) oder Milva platzierten ihre Nummern mit schöner Regelmäßigkeit an den Spitzen der Hitparaden. Interessanterweise gelang den männlichen Vertretern Italiens kein vergleichbarer Run auf die Charts. Zwar verzeichnete Rocco Granata mit „Marina“ 1959 eine Abräumernummer. Nur: Granata startete seine Karriere von Belgien aus. Der erfolgreichste Italiener in Deutschland war Bobby Solo, dessen „Tränen in deinen Augen“ noch heute unvergessen sind. Natürlich platzierten sich Leute wie Domenico Modugno, Tony Renis oder Peppino di Capri in den Charts. Und natürlich waren in München Vittorio und eben Silvano Cocchi gut im Konzertgeschäft. Die Schallplattenverkäufe konnten aber mit den Liveauftritten nicht mithalten.
Silvano Cocchi (geboren 27.6.1933 in Bologna) wuchs auf einem Bauernhof auf und lernte diesen Beruf von der Pike auf. Während der Ausbildung nahm er Gesangs- und Musikunterricht. Mit der Zeit trat er bei kleineren Veranstaltungen mit seiner Gitarre auf. Bei einem Gig in Meran lernte er seine spätere Frau kennen, ein Girl aus München. Dieses meldete Cocchi an bei einem Nachwuchswettbewerb des Bayerischen Rundfunks. Cocchi gewann und konnte sich so in München einen Namen als Sänger machen. Rund zehn Jahre lang trat er regelmäßig bei „Gisela“, einem Prominentenlokal in Schwabing, auf. Cocchi kam in Verbindung mit Christian Bruhn, der ihm bei „Tempo“ einen Schallplattenvertrag verschaffte. Ab Ende der 50er Jahre erschienen Cocchis Platten auf Tempo. Meist sang er italienische Titel auf deutsch nach. Zu seinen Werken gehört aber auch eine Coverversion von Bobbejaans „Ich steh’ an der Bar und habe kein Geld“. 1962 erschien die „Hein/Hertha“-Nummer „Die blaue Gondola“ auf dem Tempo-Parallel-Label „Osca“. Das Lied erreichte im Juli 1962 die Charts und kletterte hoch bis Platz 23. Sofort wurde Cocchi für eine Filmproduktion engagiert. In Wien durfte er die Titel „Die blaue Gondola“ und „Piccolissima Fortuna“ im Streifen „Schlager-Revue 1962“ singen.
Trotz dieser Chartsnotierung kam die Plattenkarriere von Silvano Cocchi nicht richtig in Fahrt. Es folgten weitere Singles, sie konnten aber nicht an den Erfolg von der blauen Gondel anschließen. Cocchi nahm deshalb 1963 den Job eines Programmgestalters für Gastarbeiterprogramme im Bayerischen Rundfunk an.
1966 starb sein Vater. Die Familie kehrte nach Italien zurück, wo er den Bauernhof des Vaters übernahm. Nebenher machte er weiterhin Musik als Amateur und wirkte bis 1985 regelmäßig in Musikprogrammen des Bayerischen Rundfunks mit. Heute ist Cocchi pensioniert und absolviert nur noch wenige Auftritte.
Cocchi ist übrigens der Familienname seiner Mutter. Seit sein Vater gestorben ist, heißt Silvano Cocchi offiziell Silvano Tubertini. Cocchis Eltern waren nicht verheiratet. Kurz vor dem Tod erlaubte der Vater seinem Sohn, den väterlichen Namen zu übernehmen.
Discographie
zusammengestellt von Tinu Anneler und Wälz Studer

Tempo | |
756 (1960) | Ave maria no morro (Los Perrydos) Manuela |
766 (1960) | Oh, oh, Rosi Tinterella di Luna |
772 (1960) | Ich steh' an der Bar und habe kein Geld El Paso (Harry Graf) |
805 (1961) | Lettera a Pinoccio Nachts in Rom (Gerd Fitz) |
848 (1961) | Signorina bella Pepito (Erika Berg) |
903 (1963) | Buona Notte Rote Korallen (Charlotte Marian) |
Osca | |
1007 (1962) | Die blaue Gondola Piccolissima Fortuna |
1012 (1962) | Perchè, ade Amore Cin-Cin |
aus: memory - Magazin für Freunde deutscher Oldies, unveröffentlicht