Francois hat geschrieben:Interessant ist ja das etwas gestörte Verhältnis zu Ihrer Heimatsprache. Angeblich soll sie ja gesagt haben, wenn Down Town kein Hit wird, sing ich nie wieder in englisch. Das hat sie dann gottseidank doch nicht wahr gemacht.
Das war in der Tat ihre Absicht. Nach ihrem Platz-1-Hit 1961 mit
Sailor (Seemann, deine Heimat ist das Meer) und den Top-Ten-Erfolgen
Romeo und
My friend the sea ging es recht schnell bergab mit ihren Charterfolgen. Der
Ya ya Twist konnte es zwar 1962 noch auf Platz 14 bringen, und der deutsche
Casanova kam in die Top 30, aber alles, was danach folgte, musste leider als Flop verbucht werden.
Dafür wurden ihre französischen, italienischen und deutschen Aufnahmen in den jeweiligen Ländern Riesenhits - ein Top-Ten-Erfolg nach dem anderen... Und auch wenn es nur bei dieser einen Scheibe blieb - ihre EP in spanischer Sprache mit den Aufnahmen
Qué tal, Dolly (Hello, Dolly),
Pequeña flor (Petite fleur),
Cantando al caminar (The Road/Je chante doucement/Petula's Twist) und
Tú no tienes corazón (Tutti quelli che hanno un cuore/Ceux qui ont un cœur/Alles ist nun vorbei) wurde ebenfalls ein Erfolg.
Aber ihre ersten englischen Aufnahmen mit Tony Hatch (der zeitweise auch unter dem Pseudonym Mark Anthony arbeitete) waren nicht wirklich erfolgreich. Von Songs wie
Forgetting you oder
Saturday Sunshine nahm kaum jemand Notiz. Hinzu kam ihre Ehe mit Claude Wolff, einem Manager bei ihrer französischen Plattenfirma Vogue, und die Tatsache, dass sie mit ihm und ihren beiden Kindern Caroline und Barbara (Patrick wurde erst Anfang der 1970er geboren) längst in Paris lebte. Insofern fiel ihr die Entscheidung, England nach einem letzten Versuch den Rücken zu kehren, wahrscheinlich nicht wirklich schwer.
Es war wohl weniger ein gespaltenes Verhältnis zu ihrer Muttersprache, sondern mehr die Erkenntnis, dass sie in England keine große Karrieremöglichkeiten mehr sah. Während junge, frische Stars wie Dusty Springfield mit dem Beat oder mit Coverversionen des Motown-Sounds die Charts eroberten, sahen Petula Clarks langjährige Fans in ihr immer noch "our dear Pet", das reizende Mädchen von nebenan, dass im Krieg die Truppen bei Laune gehalten hatte und bis in die späten 1950er hinein belanglose Schlager trällerte. Doch sie wollte das nicht mehr, sie wollte den aktuellen Sound mitprägen - was ihr ihre alten Fans nicht abnahmen, und für die neue Generation war sie schlichtweg zu alt.
Aber in Frankreich hingegen war sie beinahe von Anfang an eine Vertreterin der Yé yé-Girls, die flotten Pop machten - und das, obwohl Petula 1962 bereits 30 Lenze zählte und damit durchschnittlich 10 - 12 Jahre älter als andere Stars wie Sheila oder France Gall war.
Und auch in Deutschland konnte sie ihre musikalischen Vorstellungen eher umsetzen als in England. Okay, den deutschen
Monsieur im Charleston-Stil hasste sie (wie gut ich sie da verstehen kann!), aber der italienische
Monsieur als Twist-Arrangement kam ihren Vorstellungen deutlich näher, und der Erfolg von
Cheerio (Chariot versöhnte sie ein wenig mit ihrem ersten deutschen Hit.
Für Tony Hatch hätte es sicher keinen Karriereeinbruch bedeutet, wenn Petula nicht mehr in und für England aufgenommen hätte. Er arbeitete bereits erfolgreich mit anderen Pye Records Stars wie z. B. The Searchers, außerdem lernte er 1963 oder 1964 seine Coautorin und spätere Ehefrau Jackie Trent kennen, die ebenfalls recht erfolgreich bei Pye aufnahm.
Dann aber kam jener Tag im Herbst 1964. Petula und Tony hatten sich getroffen, um das Material für eine letzte englische Single auszusuchen. Tony spielte ihr mehrere Songs vor, die ihr aber allesamt nicht gefielen. Schließlich griff Tony zu den Noten für ein Lied, das er nocht nicht fertig gestellt hatte und das eigentlich für The Drifters gedacht war. Er spielte es, Petula liebte es, sie nahmen es gemeinsam auf. Drei Takes wurden eingespielt, der zweite wurde veröffentlicht. Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte....
Jan