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Regine

Dunkle Haare, blaue Augen und viel Selbstkritik

von Heinz Saueracker

Regine erblickte das Licht der Welt im Jahr 1948 in Oberschlesien. Schon als kleines Kind einer sehr musikalischen Familie hatte sie von früh bis abends ein Lied auf den Lippen. Im zarten Alter von nur 5 Jahren sang sie zum ersten Mal in ein Mikrofon. Das war in einem Kurbad in Misdroy an der Ostsee. Ihr Vater unterhielt einen Autoscooterbetrieb und bereiste Jahrmärkte und Volksfeste. Regine durfte dort die Platten auflegen und lernte so die neuesten Titel kennen, die damals am Markt waren. "Ich legte oft welche ohne Gesang auf, so konnte ich dazu mitsingen". Im Jahr 1958 siedelte Regine mit ihren Eltern in die Bundesrepublik um. Um ihrem geliebten Hobby treu zu bleiben, versuchte sie sich an Ihrem neuen Wohnort gleich einem Chor anzuschließen. Hier konnte sie ihre Begabung umsetzen und noch einiges für ihren Gesang dazulernen.

Dem Ariola-Nachwuchs-Club schloss sich das talentierte Mädchen mit den dunklen Haaren und den blauen Augen schon im Jahr 1959 an. Bei ihrem ersten Schlager-Wettbewerb nur ein Jahr später belegte sie bereits einen beachlichen 3. Platz. Regine trat in der Folgezeit dann begleitet von ihrer Schwester am Klavier bei Firmenfesten und sonstigen Veranstaltungen auf. Nach ihrem Schulabschluß begann sie erst mal eine Lehre in einem "soliden" Beruf als Drogistin. Durch ihre öffentlichen Auftritte lernte sie die Würzburger Beatgruppe "Modern Sounds" kennen und tingelte zusammen mit dieser Formation als Solosängerin quer durch die fränkische Region. Während einem dieser Auftritte wurde Richard Danner, ein Plattenmanager auf Regine zusammen mit der Band aufmerksam und so erhielten sie auf der Stelle eine Einladung zu Probeaufnahmen bei der Deutschen Vogue in Köln.

Kurz darauf erschien Regine mit den 4 Musikern ihrer Band zum Vorsingen im Plattenstudio. Der Produzent fragte "was werden Sie uns vorsingen?" In der Regel suchte man sich einen gerade gängigen Schlager und versuchte mit der eigenen Version zu überzeugen. Regine entschied sich für "My Boy Lollipop". Man meinte zunächst, diesen Titel schon viel zu oft als Kopie gehört zu haben und nicht noch eine Kopie mehr haben wolle. Doch nach einigen Tönen sah man im Tonstudio hinter der Scheibe ein Strahlen auf den Gesichtern der Produzenten. Regine hatte den Titel so geschmackvoll und überzeugend serviert, dass in der Folge gleich ein Vertrag unterzeichnet wurde. Dieser Vertrag galt allerdings nur für sie alleine als Solosängerin. Das wollte sie nicht und ihre Band nicht. Die Verantwortlichen nahmen dann doch auch die Band mit in den Vertrag. So entstanden dann Regines erste Schallplattentitel "My Boy Lollipop" und "To know him is to love him" zusammen mit den Modern Sounds im Jahr 1964. Mit der Band Modern Sounds produzierte Vogue im Jahr 1965 2 Singles und eine LP. Wenig später schrieb man Regine gleich zwei Melodien nach Maß. Erfolgskomponist Kurt Götz schrieb die eine, die andere schrieb Friedel Berlipp. Diese Platte "Abends wenn es dunkel wird" und "Hep-Hep-Happy" war in den Wunschsendungen, aber auch in Musikboxen stark gefragt. Regine meinte damals in einem Interview mit der BRAVO zu ihrem Plattenerfolg: "Glück muß der Mensch haben - und eine musikalische Familie!"

Noch im Jahr 1964 trat die 16jährige frischgebackene Schlagersängerin zum ersten Mal vor eine Fernsehkamera in der ZDF Drehscheibe. Im Mai 1965 war Regine im "Prisma des Westens" dabei. Kurz darauf folgte ein Auftritt in der "Truck-Branns-Show" und im Juni 1965 sah man sie zusammen mit ihrem neuen Duett-Partner Boy Berger mit dem Titel "Ich trau dir" in der damals populärsten Schlagershow "Musik aus Studio B" mit Chris Howland. Boy Berger und Regine sollten nach Ansicht ihrer Produzenten in die Fußtapfen von Gitte und Rex treten. Noch im gleichen Jahr erschienen weitere Platten mit Regine als Solosängerin und als Duett mit Boy Berger. Interessant ist an dieser Stelle der Umstand, dass sich der von Wälz Studer nach Regine befragte Boy Berger angeblich nicht an seine Duett-Partnerin erinnern konnte. Beide traten nicht nur zusammen auf, es gab doch sogar eine "Vogue" Autogrammkarte mit Regine und Boy!

Regine sagte damals als gerade 17jährige, dass sich ihr "Bammel" mit jedem Auftritt vor einer Kamera steigerte. "Wenn ich nur nicht so schüchtern wäre!" Gegen ihr Lampenfieber fand sie einfach keine Mittel. Auf die Frage, ob sie nicht ganz ins Showgeschäft umsatteln wollte entgegnete sie, dass sie auf jeden Fall ihre Lehre als Drogistin vorher abschließen wollte.

Nach Abschluß der Lehre widmete Regine sich ihrer beruflichen Weiterbildung. Um mehr Zeit für eine Jugendliebe zu haben, beendete Regine später ihre aussichtsreiche Karriere als Schlagersängerin.

Der Autor hat über 1½ Jahre versucht mit Regine einen persönlichen Kontakt herzustellen. Völlig erstaunt zeigte sie sich beim ersten Gespräch über das Interesse, dass an ihrer Zeit als Schlagersternchen besteht. Regine, eine ausgesprochen attraktive Frau mit immer noch dunklen Haaren arbeitet heute mit großem Einsatz in ihrem Unternehmen und erweckt den Eindruck, dass sie die Schublade mit ihrer Vergangenheit als Schlagersängerin schon längst fest geschlossen hat. Ein kleines Blitzen in ihren blauen Augen verriet doch noch ein klein wenig Stolz, als sie über ihre Auftritte im Fernsehen sprach.

memory - Magazin für Freunde deutscher Oldies, unveröffentlicht